Optik ist nicht alles

Die Wahl des richtigen Fußballschuhs


28.04.2022
Spielbetrieb • Männer • Frauen • Junioren • Juniorinnen • Talentförderung • Service

Mein erster Trainer im Herrenfußball – Frank Rhode – einstiger langjähriger Kapitän der DDR-Nationalmannschaft und einer der wenigen, die den direkten Sprung nach dem Mauerfall in in die Bundesliga geschafft hatten, begrüßte jeden Spieler mit neuen Schuhen mit den Worten: "Das sind ja wieder scharfe Pistolen." Und je bunter die Schuhe, desto häufiger die Kommentare am Anfang.

Seit Mitte der 90er-Jahre begann die Vielfalt der Fußballschuhe zuzunehmen und es entwickelten sich die unterschiedlichsten Designs der einschlägig bekannten Sportartikelhersteller. Neben den bisherigen Klassikern wie dem "Kaiser" von Adidas entstanden nun auch "neue Klassiker" wie z.B. der "Predator" von Adidas. Schließlich ist der Fußballschuh neben dem eigentlichen Fußball das wichtigste Werkzeug eines Fußballers.

Von den Schuhverkäufern und seinen Eltern hat man immer zu hören bekommen, dass immer ein Finger am Hacken Platz sein sollte oder an den Zehen wenigstens ein halber Daumen. Der Grund dafür ist, dass sich der Fuß bei der Abrollbewegung um bis zu 0,7 cm verlängert und den Platz benötigt (Quelle 4). Die Realität im Fußball ist dagegen das komplette Gegenteil. Studien haben gezeigt, dass Fußballer dazu neigen Fußballschuhe zu tragen, die ein bis zwei Schuhgrößen zu klein sind. Diesen "Schuhkonflikt" geht jeder Fußballer meistens bewusst für eine bessere Standfestigkeit oder mehr Ballgefühl ein (Quelle 1).

Die schwierigste Gruppe bei der Wahl des richtigen Schuhwerks stellen Kinder und Jugendlichen dar. Für den Traum einer Profifußballkarriere setzen sich bereits Kinder mit vier bis acht Trainingseinheiten pro Woche hohen Trainings- und Wettkampfbelastungen aus (Quelle 6). Besonders in der Wachstumsphase können äußere Einflüsse zu Veränderungen des Fußes führen. Zwar hat sich laut des deutschen Kinderfußreports von 2016 das Bewusstsein für die Wahl des richtigen Schuhs und damit für die Gesundheit des Kinderfußes in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert, aber trotzdem wird der Zeitpunkt für den Kauf neuer Schuhe meistens verpasst (Quelle 4).

In einer Wiener Studie wurden die Schuhe (Indoor/Outdoor) von mehr als 850 Vorschüler:innen verglichen und die Füße wurden hinsichtlich des Auftretens einer Veränderung der Großzehen untersucht. Dabei zeigte sich, dass bei fast 90% der Kinder die Indoor- und bei rund 70% die Outdoorschuhe zu klein waren und dass bereits bei 15% der Vorschulkinder ein deutliche Großzehenveränderung nachzuweisen war. Des weiteren trugen mehr als die Hälfte der Kinder Schuhe, die ein bis zwei Schuhgrößen zu klein waren. Und je kleiner die Schuhe, desto ausgeprägter die Veränderung des Großzehs (Quelle 3).

Das verbreitetste Schuhmaßsystem in Europa ist der Pariser Stich und eine Schuhgröße entspricht dabei 6,67 mm (Quelle 2). Zum Vergleich wächst ein Kinderfuß vom 3. bis 15. Lebensjahr rund ein Zentimer pro Jahr (Quelle 5). Durch dieses stetige Längenwachstum verringert sich der Schubraum – also der Raum, der für die Abrollbewegung des Kinderfußes benötigt wird – schleichend und ein Kinderschuh, der genau passt, ist bereits zu eng und führt zu einer Kompression des Vorfußes beim Gehen und Rennen. Der Fuß eines Kindes ist zwar durch Bänder, Sehnen und die eher knorpelige als knöcherne Struktur sehr flexibel und kann sich bei kurzeitigen Fehlbelastungen wieder gut regenerieren (Quelle 4 & 6). Wiederholen sich diese Fehlbelastungen jedoch, können akute Veränderungen bereits im Kindesalter zu nachhaltigen Veränderungen des Fußes führen.

Viele Kinder tragen ihre Schuhe am liebsten den ganzen Tag, d.h. in der Schule, vor und nach dem Training und nicht nur während der eigentlichen Trainingszeit. Dadurch steigert sich die Tragezeit eines möglicherweise zu engen Schuhs um das bis zu drei- bis vierfache und kommt dem Einfluss eines Alltagsschuhs sehr nah.

Es empfiehlt sich also zum Wohle der Fußgesundheit seiner Kinder, die Füße und Schuhe in regelmäßigen halbjährlichen Abständen zu überprüfen und Hinweise seiner Kinder wie "die Schuhe drücken immer häufiger" oder "Ich bekomme neuerdings Blasen in meinen Fußballschuhen" zu beachten und rechtzeitig zu reagieren. Welche Marke man wählt, hängt dabei von der Fußform des Kindes ab und sollte bei anhaltender Unzufriedenheit auch mal gewechselt werden. Denn das wichtigste Kriterium für den richtigen Fußballschuh ist der Komfort.


Quellen:

  1. Hennig, E.M., Sterzing, T., 2014. Special Issue: Soccer shoes: enhancing fit and performance. Footwear Science 6, 67–68. doi.org/10.1080/19424280.2014.896424
  2. Hinojo-Pérez, J. J. et al. (2016) ‘Automation of the shoe last grading process according to international sizing systems’, The International Journal of Advanced Manufacturing Technology. Springer, 85(1–4), pp. 455–467. doi: 10.1007/s00170-015-7947-8.
  3. Klein, C. et al. (2009) ‘Increased hallux angle in children and its association with insufficient length of footwear: A community based cross-sectional study’, BMC Musculoskeletal Disorders. BioMed Central, 10(1), p. 159. doi: 10.1186/1471-2474-10-159.
  4. Müller, S. et al. (2012) ‘Static and dynamic foot characteristics in children aged 1–13 years: A cross-sectional study’, Gait & Posture. Elsevier, 35(3), pp. 389–394. doi: 10.1016/J.GAITPOST.2011.10.357.
  5. Morrison, S. C. et al. (2009) ‘Prediction of Anthropometric Foot Characteristics in Children’, Journal of the American Podiatric Medical Association. Allen Press, 99(6), pp. 497–502. doi: 10.7547/0990497.
  6. Niering, M., 2016. Belastung und Regeneration im Jugendleistungssport Fußball. Belastungsfaktoren und Regenerationsmaßnahmen


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